Letztes Mal habe ich im Rahmen des Projektes „Lieblingsetüden“ (Infos gefällig? Bitte den folgenden Link anklicken!) einige Worte an meine Muse vorgestellt. Heute möchte ich auf eine andere Methode der Inspiration aufmerksam machen, und zwar – tadaaaa – die der Zusammenarbeit.

Also mit Menschen, nicht mit Göttern. Sind Musen eigentlich Götter, bzw Göttinnen? Oh Gott (oder Göttin), ich habe wirklich überhaupt keine humanistische Bildung, fällt mir gerade auf.

Vor ein paar Monaten nämlich hatte sie, die Muse, die launische, mal wieder einen ihrer Kurzurlaube angetreten.

Obwohl vielleicht hatte sie ja irgendein Wehwehchen, das sie von ihrer Arbeit abhielt. Haben Musen eigentlich ihre Tage?

Ich jammerte mich in Christianes Kommentarzeile zur Schreibeinladung jedenfalls darüber aus, woraufhin Bloggerkollegin dergl mir spontan ihre Unterstützung anbot und eine gemeinsame Etüde vorschlug. Eine Ruhrpott – Etüde sollte es sein, so viel wussten wir, als wir anfingen, der Rest entwickelte sich im Zeitraum von etwas mehr als einer Woche ausschliesslich über E-Mails – ein Hoch auf die digitale Kommunikation 🙂

Was herauskam, war, wie ich es wortspielerisch bezeichnete, eine E-two-de, und zwar diese hier:

 

https://wortgerinnsel.wordpress.com/wp-content/uploads/2019/03/2019_1213_2_300.jpg

Die Kiste

 

„Alte Bergmannskiste abzugeben. Guter Zustand, Preis VB“

Das gibt’s doch nicht, dachte Karin. Das Namensschild sah verdorben aus, aber trotzdem….

„Sie haben da anscheinend eine Gezähekiste“ schrieb sie “ Könnte ich mir die mal ansehen? Ich entstamme einer Kumpelfamilie, unser Familienname war unüblich, und soweit ich das Namensschild entziffern kann,  könnte es sich um die Kiste eines Familienmitgliedes handeln“

Karin dachte an die Wandbilder und Kohlenreliefs ihrer Kindheit. Die schwarzen Flecken und das abgenutzte Arschleder, das ihr Vater den Kindern im Winter zum Rodeln überlassen hatte, die ganze Siedlung hatte sie und ihre Geschwister darum beneidet.

„Gezähekiste heißt das?“ schrieb Linda „Das wußte ich nicht. Sie war ein Geschenk zur Eröffnung unseres Katzencafés, aber meine Geschäftspartnerin findet sie schäbig“

Karin überlegte, was sie darauf antworten sollte. Sollte sie wirklich sagen, dass sie glaubte, die Kiste könnte ihrem verschütteten Onkel Jürgen gehört haben, würden die jungen Leute nicht denken das sei ein „Fake“? Aber dann schrieb sie doch:

„..ich würde die Kiste gern meinem Cousin Helmut, der nach Helmut Rahn benannt ist, schenken“

Café-Kater Kumpel sprang auf Lindas Schoss und wollte in ihren Latte Macchiato Löffel beißen. Sie wehrte ihn lachend ab, „kennst du Helmut Rahn, Kumpelchen?“ und mailte „klar, kommen Sie vorbei“

„Ich hab die Kiste vertickt“, hörte Karin schon von draußen als sie auf das Café zuging. Drinnen diskutierten zwei junge Frauen, als sie die Tür öffnete, sprang ihr eine Katze entgegen.

„Ich wusste doch nicht, dass du auch eine Interessentin hast… Da kommt gleich ein Mann.“

Eine der Frauen begrüßte Karin und führte sie zur Kiste, die nicht aussah wie auf dem Foto. Aber die Buchstaben, die waren gut zu sehen.

Dann ging die Tür auf. Karin drehte sich absichtlich nicht um.

„Tach! Helmut Majcrzak. Ich wollt die Kiste von mein‘ Vatter abholn.

Karin? Wat machsn du hier?“