Der Storch ist noch da. Vielleicht wird er dieses Jahr nicht mehr gen Süden aufbrechen. Gemächlich stelzt er über die feuchte Wiese, die noch eine Weile für ausreichend Nahrung sorgen wird.
Corinna hat heute morgen angerufen, hat nach dem Wetter gefragt, und wie es meinem Knie geht. Hat erzählt, dass Lukas eine Zwei in der Mathe Arbeit geschrieben hatte und dass der Nachbar sich einen Hund angeschafft hat. „Gemeingefährlich, das Vieh, sag ich dir, unsere Hühner haben zwei Tage lang vor lauter Angst keine Eier legen wollen.“
Wie es dir geht, hat sie zum Schluss des Gesprächs gefragt, ganz beiläufig.
Sie wollte nicht, dass ich mit dir auf die Insel fahre. „So einsam da, Papa, tu dir das doch nicht an.“
Warum einsam, ich bin nicht einsam, ich bin mit dir.
Aber das versteht sie nicht, wie sollte sie. Sie weiss noch nicht, dass man nicht miteinander reden muss, um zu kommunizieren.
Ich sehe doch, dass du glücklich bist auf unserer Insel.
Mein Knie schmerzt, ich glaube, heute schaffe ich die Treppe zum Strand nicht, mein Herz. Ich weiss, du möchtest zum Meer, aber alleine kann ich dich nicht gehen lassen, das verstehst du, nicht wahr? Es ist ohnehin zu kalt, um hinaus zur Sandbank zu schwimmen, denkst du nicht auch?
Unsere Sandbank, von der aus wir immer den vorbeifahrenden Schiffen winkten und taten, als seien wir Schiffbrüchige. Weisst du noch, dein grösster Traum war immer eine Schiffsreise. Keine Kreuzfahrt, du wolltest mit einem Frachter um die Welt fahren. Wusstest du, dass das tatsächlich geht? Wenn ich das ein bisschen früher gewusst hätte.
Was denkst du, wird der Storch noch auf die Reise gehen? Oder bleibt er hier?
So wie du bei mir.
Ein bisschen noch.
Dies ist ein Text für das Projekt abc Etüden. Das Original, erfunden von Ludwig Zeidler, sah vor, eine shortest short story, bestehend aus höchstens zehn Sätzen zu basteln, in denen drei vorgegebene Wörter vorkommen müssen. Letztere Regel besteht nach wie vor, allerdings gilt seit kurzem nicht mehr die Zehn-Sätze Regel. Vielmehr gibt es nun eine 300 Wörter-Grenze.
Aber lest besser selbst bei Christiane nach, siekümmert sich um alles Organisatorische, vielen lieben Dank 🙂 Wir anderen müssen nur noch schreiben, und zwar alle zwei Wochen mit neuen Wörtern, die aktuelle Wortspende kommt von Anna-Lena
lasse es dir heute richtig gut gehen.
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hab einen schönen Herbsttag.
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Zwei Tage, bevor mein Mann nicht mehr aufwachte, haben wir in Münster/Westfalen 29 Störche gesehen. Einen Tag später, als wir sie fotografieren wollten, war nur noch einer da. Und weitere zwei Tage später war mein Mann tot. Sonst wüsste ich die Begebenheit vermutlich gar nicht mehr.
Ja, ich nehme meinen Mann auch immer mit in den Urlaub, auf Geschäftsreise, auf meine Wanderungen, überall hin. Gerade waren wir auf Lanzarote. Ich habe, wie früher an der Adria, am Strand gewartet, dass er vom Schwimmen zurückkommen möge, und mir dabei vorgestellt, wie es wohl wäre, wenn er nicht mehr käme. Und ich wusste, dass er nicht mehr kommt. Und wie das ist.
Sehr schöne Geschichte! Danke dafür!
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Ich danke dir, liebe Elke
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Ich schließe mich (nachts spät) einfach den anderen an: Schön ist das. Und ein bisschen traurig.
Und wie schön, dass du wieder schreiben kannst.
Liebe Grüße
Christiane
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Wirklich berührend ….
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Vielen Dank ☺
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wie schön! Poetisch, traurig und leicht zugleich.
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Danke sehr, es freut mich, daß meine Geschichte diese Wirkung erzeugt 😊
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So eine schöne melancholische Geschichte.
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Danke dir 😊
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Der Storch hier in unserer Stadt hatte sich im letztes Jahr Ende Dezember nach Spanien aufgemacht, wo ihn während des Winters milderes Wetter erwartete als in der kalten Schweiz. Anfang Februar waren die kalten Wintertage für ihn aber bereits passé. Da war er wieder, auf zwei Beinen stehend, den Kopf gesenkt, fast so, als wäre er gar nie weg gewesen.
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So schön geworden und schön, dass du wieder mit dabei bist!
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Danke schön 😊
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Bitte. Weißt du was ich toll finde? Die neue Version läuft zum zweiten Mal, in der kurzen Zeit: Zwei Neue dazu und du wieder drin 😉
Hast du dieses Mal eine Wortspende? Du wolltest doch in den Topf.
Und was ganz anderes, total OT weil es mir gerade einfällt, sorry: Hast du Tipps wie man eine knappe Stunde Zeit in Rüttenscheid totschlagen kann? Ich habe demnächst wegen Madame am Stern zu tun und meine Verbindung ist so blöd, dass ich etlich viel Zeit habe (aber nicht genug um vorher ins Folkwang zu gehen), gibt es da irgendwelche interessanten Läden zum Schaufenster gucken oder ist der Aldi noch da (ich habe ja den anderen)?
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Den Aldi gibt’s noch, viel mehr kann ich dir gar nicht sagen, bin da auch nicht oft 😉 vielleicht im Girardethaus? Im einzelnen weiß ich aber auch nicht, was da alles drin ist ausser dem Katakomben Theater.
Ja, ich wurde tatsächlich zum Wörter spenden ausgelost, wer hätte das gedacht 😉 könnte eigentlich schon mal anfangen, mir was auszudenken mit „meinen“ Wörtern. Der Schaffensprozess dauert ja manchmal etwas länger, wie man weiß 😉
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Was für ein wundervoller, trauriger, bewegender Text. Hattest du nicht etwas von Schreibblockade gesagt? Es geht doch und wie!!!!!!
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Puh, ja nun hat es endlich mal wieder funktioniert. Aber die Worte sind nicht gerade aus mir heraus gesprudelt, ich mußte sie ganz schön zwingen.
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Schritt für Schritt 😊
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Das ist schon eine interessante Geschichte mit dem Storch…
Dazu kann ich nur eine Begegnung mit ihm beitragen:
https://4alle.wordpress.com/2016/05/20/der-storch-das-unbekannte-wesen/
Das Video war nicht so einfach einzufangen!
LG
Jürgen aus Loy (PJP)
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Ich hab noch nicht sehr oft welche live gesehen (Stadtkind halt 😉 )
Gruss aus Essen 🙂
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