„Dreizehn plus vier plus 3facher Wortwert und 50 Extrapunkte, ich glaube, ich habe gewonnen“
triumphiert der junge Mann, „hätte ja nicht gedacht, dass ich das ö noch los werde“.
Lene schiebt ihre Brille höher auf die Nase und betrachtet Heiners Siegeswort.
„Sie wissen schon, dass es nicht skrupulös heisst“, sagt sie.
„Warum? Da steht es doch.“ widerspricht Heiner unbekümmert. Er nimmt eine Apfelsine, schneidet sie in vier Viertel und beginnt, mit Genuss das erste auszusaugen. Lene macht eine abwehrende Handbewegung, als Heiner ihr ein Viertel Orange entgegen hält, „möchten Sie auch?“
„Es heisst trotzdem nicht skrupulös, ich muss es wohl wissen, ich war 45 Jahre lang Deutschlehrerin“ nimmt sie den Faden wieder auf, wobei sie anfängt, das Scrabble Spiel zusammen zu packen.
Heiner hat alle Orangenviertel leer gesaugt und beginnt, hinter vorgehaltener Hand, Fruchtfleisch zwischen den Zähnen hervor zu pulen. „Aber sicher, es bedeutet „voller Skrupel“, also das Gegenteil von skrupellos. Ich muss es wissen, ich bin Germanistikstudent“ nuschelt er.
„Müssen Sie eigentlich immer das letzte Wort haben?“ tadelt ihn Lene herzhaft lachend, und ihr Lachen geht in ebenso herzhaftes Gähnen über.
„Ach je, schon so spät, ich wette, Bertha, die Schreckliche unterbricht jeden Moment unser launiges Beisammensein. Frau Ladewig, es war mir wie immer ein Vergnügen, Sie im Scrabble geschlagen zu haben. Wussten Sie übrigens, dass Scrabble demnächst nicht mehr Scrabble heisst?“
„Ach was, wie denn sonst?“
„Buchstaben Yolo“, sagt Heiner im Hinausgehen und nickt Schwester Bertha zu, die bereits vor der Tür wartet.
„Wie war Ihr Eindruck heute?“ fragt der Arzt. Heiner zuckt die Achseln „derselbe wie sonst auch. In meinen Augen ist sie nichts weiter als eine harmlose alte Dame, und eine sehr charmante noch dazu.“
Im selben Moment, in dem er merkt, dass sein Obstmesser nicht da ist, hören sie einen erstickten Schrei aus Lene Ladewigs Zimmer.
Dies ist ein Text für das Projekt abc Etüden. Das Original, erfunden von Ludwig Zeidler, sah vor, eine shortest short story, bestehend aus höchstens zehn Sätzen zu basteln, in denen drei vorgegebene Wörter vorkommen müssen. Letztere Regel besteht nach wie vor, allerdings gilt seit kurzem nicht mehr die Zehn-Sätze Regel. Vielmehr gibt es nun eine 300 Wörter-Grenze.
Aber lest besser selbst bei Christiane nach, siekümmert sich um alles Organisatorische, vielen lieben Dank 🙂 Wir anderen müssen nur noch schreiben, und zwar alle zwei Wochen mit neuen Wörtern, die aktuelle Wortspende kommt von Gerda
hab interessiert gelesen und nun gespannt, es ist heute spät geworden, genieße den Rest des Tages.
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Das Lesen fand ich sehr vergnüglich. Ob Bertha das genauso sehen würde, weiß ich allerdings nicht 😉
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Hihi 😂😂
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🙂
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Das offene Ende schreit nach Fortsetzung!
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Ja, warum eigentlich nicht. Lene Ladewig ist mir eigentlich schon ein bisschen ans Herz gewachsen. Ob sie wirklich eine eiskalte Killerin ist? Oder ist alles vielleicht ganz anders 😉
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Ein Schock zum Schluss….
Danke für die tolle Geschichte.
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Danke dir 😊 dummerweise erfahre ich gerade, dass skrupulös durchaus ein existentes Wort ist, somit ist die Geschichte nicht mehr so ganz stimmig – aber darüber müßt ihr jetzt großzügig hinweg sehen 😉
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Geschichte ist Geschichte, da sehe ich ein Wort nicht so eng.
Deine Spielweise von Scrabble finde ich aber interessant. Bei uns muss es die Wörter geben, wie es die Spielregeln auch vorsehen.
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Bei uns waren es fast immer zusammen gesetzte Hauptwörter. Da mußte man dann glaubwürdig erklären, was bspw ein Renntuch ist oder ein Waldeimer 😉
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Hahaha, da wird man erfinderisch bei den Erklärungen.
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Sie irren beide. Sie, weil „skrupulös“ im Duden steht (doch, doch, das heißt was, im Duden steht viel, aber nicht jeder Mist), er, weil es nicht das Gegenteil von „skrupellos“ ist.
Danke dafür, dass du offengelassen hast, was sie mit dem Messer angestellt hat, auch wenn man natürlich zuerst nur in die eine Richtung denkt.
Liebe Grüße
Christiane
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Zu Ihrer Zeit existierte das Wort vermutlich noch nicht im Duden 😉. Gut, dass der Germanistik Student in Wirklichkeit wohl gar keiner ist, als solcher hätte er das ja wissen müssen.
Aber wenn ich gewußt hätte, dass das Wort tatsächlich existiert, wäre das eine andere Geschichte geworden – vielleicht schreibe ich noch ne Variation 😉
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Bei Langenscheidt wird „skrupulös“ tatsächlich mit „voller Skrupel“ übersetzt – hihi, sollte ich in meiner Unwissenheit zufällig doch richtig gelegen haben 😂
Tatsache ist jedenfalls, dass ich es für ein erfundenes Wort gehalten habe 😉
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Dann reiche ich mal den Duden nach. Kopfschüttelnd 😉
https://www.duden.de/rechtschreibung/skrupuloes
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Ach der olle Duden, was weiß der schon 😉
Dabei fällt mir ein, dass ich gestern gelernt habe, wie wir zu unserem schönen Wort „Keks“ gekommen sind. Wir verdanken es tatsächlich Herrn Bahlsen und seinen Leibniz cakes 😉
Liebe Grüße und nen schönen Abend 🙋
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Tolle Geschichte – und ich freue mich, dass du wieder da bist 🙂 Und Scrabble könnte ich auch mal wieder spielen ….
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😊😊
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Okay, DAS kam unerwartet. 🙂
Bei der Scrabble-Partie dachte ich irgendwie an das „Wordz“-Spiel von neulich, bei dem man Worte bilden muss, die es eben NICHT gibt, die es aber geben könnte und in der man versuchte mir weiszumachen, dass es das Wort „FUMP“, welches mein Name für eine Boy-Band war, bereits geben würde. 🙂
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Wir haben Scrabble immer so gespielt, dass man sich Worte ausdenken konnte. Man mußte aber überzeugend erläutern, was sie bedeuten (könnten). Gelang das nicht, gab es keine Punkte 😉
Die Geschichte sollte übrigens ursprünglich anders enden, aber sie wollte anders als ich 😉
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Da hat der Herr Fraggle ja sein Blut 😉
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Geht doch! 🙂
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Ja, das gefällt mir sehr gut! Ein ganz anderes Verwenden der Wörter. Ich schaffe es derzeit nicht „skrupulös“ und „schneiden“ voneinander zu trennen und deswegen fällt mir nichts ein
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Danke schön 😊 – interessant, gerade diese beiden Wörter hatte ich überhaupt nicht zusammen im Kopf, „schneiden“ in direkter Verbindung mit „Genuß“ hingegen sofort. Ich wußte, es muß was mit essen zu tun haben 😉
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Wunderbar, dass drei Wörter so verschiedenes auslösen können
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