Milanese gehörte nicht zu denen, die sich vorschnell ein Urteil bilden. Das war, so meinte er, einer der Gründe, warum er so ein genialer Kriminalist war. Mrs Postman, seine Sekretärin, behauptete allerdings dreist, sie, nicht er, sei der Schlüssel zu seiner beeindruckenden Aufklärungsquote.

Womöglich hatte sie recht, ihm, Milanese, schien jedenfalls sein Ermittlerinstinkt abhanden gekommen zu sein, er kam nicht dahinter, was an diesem Fall nicht stimmte.  War es die Tatsache, dass der preisgekrönte Zuchthengst, der dem Klienten gestohlen worden war, kein Pferd, auch kein Esel, sondern ein Alpaka war? Oder hatte es Milanese irritiert, dass sein Klient, sein Büro betretend, nicht nur in Hausschuhen war, sondern dass er zudem den linken Hausschuh auf dem rechten Fuss trug und umgekehrt?

Er hätte die ihrer Meinung nach unersetzliche Mrs Postman gerne zu Rate gezogen, nur leider weilte sie derzeit irgendwo auf einer Karikbikinsel, schaukelte in einer Hängematte und liess sich vom schönsten Cabana Boy, der verfügbar war, Meeresfrüchte Cocktails bringen.

Er fragte sich ernsthaft, wovon sie sich das leisten konnte, von ihrem Sekretärinnengehalt jedenfalls sicher nicht.

Und warum züchtete überhaupt jemand Alpakas?

Kurz bevor Milanese über all diesen schwierigen Überlegungen erschöpft  einschlief, dachte er darüber nach, warum Meeresfrüchte eigentlich Meeresfrüchte hiessen.

Dies hier ist mein erster Beitrag zu den abc.etüden von textstaub. Es geht darum, eine shortest short story zu erfinden. Sie darf und soll und muss aus zehn Sätzen bestehen (nicht mehr, nicht weniger) und drei bestimmte, vorgegebene Wörter enthalten. Diese Woche waren dies „Urteil, Hängematte, Meeresfrüchte“.
Ich fand das sooo schwer, Leute. Aber ohne Herausforderung ist das Leben ja nüscht wert, oder?

Danke an Christiane von irgendwasistimmer für die Ermunterung, es zu versuchen, ich hoffe, ich werde mal so gut wie du 🙂