Käthe Münchhauser sass 20 Jahre, nein, sogar 22,, wegen Mordes im Gefängnis. Ich muss Ihnen das nicht erzählen, Sie kennen die Geschichte. An einem warmen Sommerabend klingelt Frau Münchhauser bei Hagen Klemm, er öffnet arglos und sieht direkt in die Mündung einer Gaspistole. Hinterher setzt sich Käthe auf die Treppenstufen vor Hagens Wohnungstür und wartete auf die Polizei. So war das. Ein legendärer Fall.

Für Hagen war das böse Ironie des Schicksals. Er war erst zwei Wochen zuvor aus der Klinik entlassen worden, wo er mehrere Wochen lang mit dem Tode gerungen hatte. Erinnern Sie sich noch an Corona? Diese schlimme Pandemie, die unser aller Leben für eine erhebliche Zeit ganz schön durcheinander gewirbelt hat? Hagen erwischte es. Dabei war er erst 32 Jahre alt, nicht im mindesten in der Risikogruppe. Sie wissen es noch, oder? Jung, gesund, keine Vorerkrankungen, Hagen hatte einfach Pech.

Sein Überleben: knapp, aber immerhin, er schafft es – und dann kommt diese alte Frau, die er nicht einmal kennt, und erschiesst ihn.

Hagen (32) ist tot, Käthe (74) kriegt lebenslänglich – keine Win Win Situation, wenn Sie mich fragen.

Jetzt ist Käthe auch gestorben. Mit 96 Jahren, friedlich in ihrer Zelle. Ihr Motiv? Sie hat es quasi totgeschwiegen.

Das Dossier, das ich bekommen habe, ist dünn. Käthe war Witwe, Hausfrau, keine Kinder. Was soll ich damit anfangen? Mein Chefredakteur, er hat sich gerade mit dem Kauf eines schicken Katamarans verhoben und hofft auf den ganz grossen Wurf, winkt grosspurig ab „Sie machen das schon“

Ich bin das gewöhnt. Zur Not sauge ich mir etwas aus den Fingern, vielleicht, dass Hagen Käthes Tochter sexuell…. ach nein, Kinder hatte sie ja nicht.

Aber hier: Käthes Ehemann lag damals im selben Krankenhaus wie Hagen, komischer Zufall, oder?

Er verstarb nach einer Blinddarmoperation, heisst es. Eine schwere Sepsis wurde nicht rechtzeitig behandelt, weil kein Intensivbett frei war.


Dies ist ein Text für das Projekt abc Etüden. Das Original, erfunden von Ludwig Zeidler, sah vor, eine shortest short story, bestehend aus höchstens zehn Sätzen zu basteln, in denen drei vorgegebene Wörter vorkommen müssen. Letztere Regel besteht nach wie vor, allerdings gilt  nicht mehr die Zehn-Sätze Regel. Vielmehr gibt es nun eine 300 Wörter-Grenze.

Aber lest besser selbst bei Christiane nach, sie kümmert sich um alles Organisatorische und gestaltet zudem die Beitragsbilder, die wir verwenden dürfen, aber nicht müssen, vielen lieben Dank 🙂 Wir anderen müssen nur noch schreiben, und zwar alle zwei Wochen mit neuen Wörtern, die aktuelle Wortspende kommt von Olpo Olponator