Der Joghurt war leider verdorben, schade. Dabei war das Verfallsdatum erst vor drei Tagen abgelaufen. Aber der Rest schien okay zu sein. Ganz besonders freute er sich über die Bananen, obwohl – oder in seinem Fall vielleicht gerade weil – sie in Plastik verschweisst waren.
Man konnte irgendwie über die Runden kommen, und er war es ja auch nicht anders gewöhnt. Zwar war es früher leichter gewesen. Leichter im Sinne von einfacher, aber auch im Sinne von leichter zu ertragen. Aber galt das etwa nicht für jeden? Selbstmitleid hatte ihm noch nie gut gestanden.
Im Café Brel war noch kaum Betrieb. Er schlenderte heran und nahm Blickkontakt mit Karl, dem Betreiber auf. Der nickte und winkte ihn herein.
„Stückchen Mandelkuchen?“ fragte er. „Henny hat zuviel gebacken, und ich schmeiss den sonst nur weg“.
Er schüttelte den Kopf, „kann ich nicht beissen, weisst du doch“, und grinste mehr oder weniger zahnlos.
Er rückte mit seinem Kaffee ans hintere Ende der Theke. Von dort aus konnte er das Geschehen beobachten, fühlte sich aber andererseits nicht so auf dem Präsentierteller. Die Blicke der Studenten, Künstler und Intellektuellen, die hier verkehrten, lasen sich von mitleidig über peinlich berührt bis hin zu pikiert. Er hatte gelernt, all das nicht zu nah an sich heran kommen zu lassen, aber so richtig daran gewöhnen konnte er sich nicht.
Zwei junge Frauen kamen herein. Sie sahen sich um, lächelten ihm schüchtern zu, überlegten kurz und orderten „zweimal eins für zwei“.
Ja, genau das war dann doch manchmal schwer zu ertragen.
Aber sie hatten ihn schon vergessen, bewunderten die kunstvolle Bemalung der Decken und Wände des Cafés.
Eine Weile hörte er ihnen zu. Ihre Begeisterung löste Zufriedenheit in ihm aus. Trotz allem.
Im Hinausgehen hörte er Karl sagen „keine Ahnung, wer das gemalt hat, das war schon vor meiner Zeit da.“
Diese Geschichte ist womöglich ein bisschen zu romantisch, tatsächlich aber ist sie einer wahren Begebenheit nachempfunden. Vor kurzem ist unsere Lieblingskneipe in ein anderes Lokal umgezogen. Die Wände dort wurden, wie in meiner Geschichte, kunstvoll bemalt, und wir wollten wissen, wer denn der Künstler / die Künstlerin ist. Und wir erfuhren, dass es sich um einen uns – wenn auch nur flüchtig, vom Sehen – bekannten Stammgast handelt. Dieser Mann wirkt äusserlich wie der typische Kneipengänger, versoffen und abgerissen. Wahrscheinlich hätten wir ohne diese Bilder nie irgendwas über den Mann erfahren, was über unsere Vorurteile hinaus geht.
Dies ist ein Text für das Projekt abc Etüden. Das Original, erfunden von Ludwig Zeidler, sah vor, eine shortest short story, bestehend aus höchstens zehn Sätzen zu basteln, in denen drei vorgegebene Wörter vorkommen müssen. Letztere Regel besteht nach wie vor, allerdings gilt seit kurzem nicht mehr die Zehn-Sätze Regel. Vielmehr gibt es nun eine 300 Wörter-Grenze.
Aber lest besser selbst bei Christiane nach, sie kümmert sich um alles Organisatorische, vielen lieben Dank 🙂 Wir anderen müssen nur noch schreiben, und zwar alle zwei Wochen mit neuen Wörtern, die aktuelle Wortspende kommt von Rina
Keine Ahnung, wer das gemalt hat 🙂
In Fuerteventura, in unserem Hotel, gibt es eine sichtbare Visitenkarte…immerhin!
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Manchmal lohnt es sich die Geschichte von Dingen zu hinterfragen. Traurig, aber auch schön.
Grüße, Katharina
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Danke dir 🙂
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Ja. Ich denke da kann sich keiner so richtig frei sagen von. Man lässt sich leider zu oft vom äusseren Schein täuschen. Kenne ich in Bezug meines Mannes – wenn man ihn sieht, denkt man auch nicht, dass ein tolles Stimmchen dahinter steckt.
Sehr schön und berührend geschrieben.
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Vielen Dank 🙂 Dein Mann ist Sänger? Klassisch?
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Ja, hauptsächlich Klassisch. Aber auch gerne mal Oldies
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Berührend schön geschrieben.
Liebe Grüße in deinen Sonntag,
Anna-Lena
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Lieben Dank 🙂
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An seiner Stelle hätte ich das inkognito in dem Moment auch insgeheim genossen…
Lienenswerter Geschichte
und Brel ist ein sympathischer Name für ein Café. Meine Etüde mag sich noch nicht materialisieren, aber mir fallen gerade Namen für Cafés, die es nicht gibt, ein
Liebe Grüße
Natalie.
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Danke schön 😊 ja, Café Brel ist hübsch, finde ich auch. Ich hatte sofort vor Augen, wie es da aussieht. Und wie der Mandelkuchen schmeckt 😊
Alles Liebe,
Bettina
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Es ist so schade, wie viele Talente unerkannt bleiben.
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Was für eine schöne Geschichte 😊
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oh, vielen Dank 😀
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Na bitte, da geht doch was. Schön geworden. In Mülheim haben sie Klaus D. Schiemann, dem würde man sein Künstlersein auch nicht unbedingt ansehen. Und mal ganz ehrlich: Helge Schneider auf offener Straße, wenn man nicht weiß, wer das ist… auch nicht gerade offensichtlich.
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Hihi, stimmt😂
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Eine feine Erüde. Wie oft wir wohl an bemerkenswerten Menschen vorbeigehen, ohne es zu ahnen. Liebe Grüße. Priska
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Lieben Dank 🙂 Ich stelle an mir selber fest, dass ich mit zunehmendem Alter festgefahrene Denkmuster entwickele. Bzw aktiver darauf achten muss, dass sie eben nicht fest fahren.
Einen schönen Tag wünsche ich dir 🙂
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Wie Nati sagt: Alles hat zwei Seiten (mindestens), und die zweite sieht man oft nicht. Und was wir anrichten mit einem unbedachten Wort oder Blick, ist uns auch nur selten bewusst. Ach.
Aber wie schön, dass dir so schnell eine Etüde eingefallen ist! Ich freue mich sehr sehr sehr!
Liebe Grüße zum Abend
Christiane
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Danke dir. Ich war jetzt ehrlich gesagt, selbst überrascht und freue mich auch, daß es mal wieder funktioniert hat.
Dir auch nen feinen Abend 😊
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Ein zweiter Blick oder der Blick hinter den Kulissen offenbart oft ein anderes Bild.
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Absolut!
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