„….. vergebe ich einen Gnadenstern für das aufwändig gestaltete Cover….“, beendete er den letzten Satz und schickte den Text ab.
Mit einem tiefen Seufzer wechselte er die brennende Zigarrette von der linken in die rechte Hand, klappte den Laptop zu und nahm einen grossen Schluck aus seinem Glas.
Stilles Wasser, wie immer, wenn er arbeitete, auch wenn so manches Machwerk, das er in letzter Zeit zum Rezensieren bekam, eigentlich geradezu danach schrie, sich während der Lektüre gründlich zu besaufen.
Er war es so müde, immer von zerstückelten Leichen zu lesen, von Serienkillern, die zu diesen wurden, weil sie als Kinder mit ansehen mussten, wie ihr Vater ihre Mutter köpfte oder ihre Mutter ihren Vater entmannte, oder beide ihre Kinder abwechselnd missbrauchten.
Wie sie dann als die psychopathischen kleinen Seelen, zu denen sie geworden waren, erstTiere quälten und töteten, bevor sie als Erwachsene auf grausamste Weise zur Erbauung derjenigen, die davon lasen, zu Folterern, Vergewaltigern, Killern wurden.
Es gab scheinbar keine Grenze des Perversen, und neuerdings waren es auch noch immer angeblich wahre Geschichten oder jedenfalls solche, die tatsächlichen Kriminalfällen nachempfunden waren.
Selbst wenn das stimmte, war das nicht ein Grund mehr, solche Geschichten nicht nur nicht zu lesen, sondern auch nicht zu schreiben?
Andererseits, wenn sie ausgedacht, komplett erfunden sind, dachte er, ist das ja eigentlich noch viel perverser.
Gegenüber, direkt unter der Schräge des Scheunendaches, hatte es sich eine Katze im Schatten gemütlich gemacht.
Und so sehr er es auch versuchte, er konnte die Bilder nicht verjagen, die in seinen Kopf drängten.
Dies ist eine Geschichte für das Projekt abc.etüden, erfunden von Herrn Z. (der auch die Beitragsbilder zur Verfügung stellt, von mir an dieser Stelle vielen Dank), seit geraumer Zeit präsentiert von Christiane von irgendwas ist immer.
Die Aufgabe ist, eine shortest short story, bestehend aus höchstens zehn Sätzen, zu erfinden, in welcher drei vorgegebene Wörter vorkommen müssen.
Macht zahlreich mit, es gibt jede Woche eine frische Wortspende, diese Woche kam sie von Gerda
Ich habe, als das Thema neu aufkam, mich auch durch meinen Teil an Serienkiller- und Kinderschänder-Thrillern gelesen. Ich fand es spannend und (bei den besseren Büchern) richtig interessant, nachvollziehen zu können, wie derartige Hirne ticken.
Seit einigen Jahren habe ich allerdings das Gefühl, es geht den Autor*innen nur noch darum, sich in Ekelhaftigkeiten und Brutalitäten zu überbieten, und über die Leute, die das zur ENTSPANNUNG lesen können, mag ich gar nicht nachdenken. Vielleicht bin ich naiv, aber es kommt mir wie eine Endlosspirale vor, und wenn ich diese Sorte Bücher nicht lesen MUSS (manchmal muss ich), dann lasse ich das, denn es geht mir wie deinem Protagonisten, ich werde diese Bilder nur schwer wieder los, und dafür ist mir mein Kopf eigentlich zu schade.
(Deine Etüde ist mir durchgerutscht, ich habe den Ping freigeschaltet, aber bin nicht zum Lesen gekommen. Ich bitte kniefällig um Verzeihung, es war keine böse Absicht, es stapelt sich hier gerade nur alles.)
Liebe Grüße
Christiane
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Ich lasse Gnade walten 😉 Lieben Gruß 😊
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Uff *schweißabwisch* 😉
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Über das Phänomen könnte man wahrscheinlich Doktorarbeiten schreiben und am Ende würde man dann wohl wie so oft bei Böses Fernsehen, böses Youtube landen, statt zu reflektieren warum Leute auf so etwas anspringen und dann eben auch solche Sachen schreiben. Dass sich öffentlich drüber aufgeregt wird und kurzzeitig Reflektion einhält gibt es doch eigentlich nur noch bei so extremen Fällen wie diesem Youtuber der vor dem Erhängten Witze machte. Dann ist das alles pietätlos (ist es auch) und es wird laut geschrien, aber „keiner“ überlegt wie es dazu kommen konnte, dass jemand so was geeignet für einen gut laufenden Youtube-Kanal empfindet und ändert mal was generelles. Sensibilisierung, die auch ankommt etc.
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Darüber habe ich tatsächlich noch nie nachgedacht, also warum Menschen solche Bücher schreiben, bzw wie sie auf solche Ideen kommen. Dabei lese ich ja selber gerne Thriller. Die dürfen auch brutal sein, aber es muss immer noch Literatur sein. Verstehst du, was ich meine? Was da aber den Buchmarkt überflutet, ist einfach nur Schund.
Ich selbst hab jetzt gerade auch wieder ein solches Machwerk – sogar bis zu Ende, warum eigentlich? – gelesen, das hatte ich zu Weihnachten bekommen. Immerhin hat es mich zu der Etüde inspiriert 😉
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Ich verstehe was du meinst. Ich musste mich ja früher berufsbedingt mit so etwas beschäftigen und es ist immer noch drin, dass ich automatisch bei so was analysiere. Auch weil ich zum Beispiel bei Young Adult-Sachen immer wieder über sehr zweifelhafte Botschaften (Gewalt in der Beziehung als Zeichen von Liebe, Vergewaltigung ist okay …) stolpere und wenn man dann versucht mit den Verantwortlichen (egal ob Autor- oder Verlegermensch) zu reden, weil man das erklärt haben will kommt „Das ist halt der Zeitgeist.“
Hallo?!
Ich will nicht, dass mein jetzt 9-jähriger in ein paar Jahren irgendwem (Mädchen/Junge/…) zweifelhafte „Komplimente“ macht oder Drohbriefe schickt, weil er eine Abfuhr nicht akzeptieren kann und in irgendeinem Jugendbuch, Film, Youtube-Format, Zeitschrift gelesen hat, jemandem dann auf den Wecker zu gehen bis nachzustellen sei voll okay, weil „ist eben der Zeitgeist“.
(Diese tolle Ausrede rechtfertigt eine Menge böses Zeug.)
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Auch wenn ich keine Bücher rezensieren, sprich nichts lesen „muss“ und aufhören darf, kann ich ihn gut verstehen.
Und woher kommt das Bedürfnis solche Gemetzel niederzuschreiben? Bilder im Kopf loswerden, Fantasien aufschreiben,um sie lostzuwerden, nicht wahr werden zu lassen?
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Ich lese ja selbst gerne Thriller, auch brutale, aber es ist tatsächlich so, dass sich in diesen Büchern eine Ekelhaftigkeit an die andere reiht, ohne dass es , wie man so schön sagt, der Handlung dienlich ist. Wenn es überhaupt eine Handlung im eigentlichen Sinne gibt. Schlecht geschrieben sind sie meist auch noch, aber es stört anscheinend niemanden, sonst wären sie ja nicht so erfolgreich. Und alles immer gleich mit endlosen Fortsetzungen. Mich langweilt das inzwischen zu Tode, aber wie du sagst – zum Glück muss man sowas ja nicht lesen.
Ich bekomme zu Weihnachten und Geburtstagen regelmässig sowas geschenkt, weil ich halt irgendwann gesagt habe, ich mag Krimis und Thriller. Meistens lese ich die dann auch, wenn sie schon mal da sind 😉
Das letzte Buchgeschenk hat mich dann zu dieser Etüde inspiriert 😉
Aber ich werde wohl mal in der Familie und Freundeskreis verkünden, dass es jetzt gut ist mit Gemetztel, sie sollen mir lieber nen Büchergutschein schenken 🙂
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