Im Angesicht des Todes soll man mit sich und den Seinen ins Reine kommen, heisst es.

Ach was, ich sterbe noch nicht, auch wenn es schlecht aussieht, aber hey, vielleicht stirbst du ja sogar noch vor mir.

Du hättest zum Beispiel mit dem Flugzeug abstürzen können, auf dem Weg zurück von deiner Chinareise, die du extra meinetwegen früher abgebrochen hast.

So etwas wünsche ich dir jetzt nicht unbedingt, keine Sorge, aber ich habe nicht darum gebeten, dass du kommst und wieder mir und allen unter die Nase reibst, wie gut du doch bist, ach du bist ja so gut.

Kaum war ich auf der Welt, hatte sich unsere Mutter schon wieder schwängern lassen, tja, sie wollte wohl ein anderes Kind, nicht mich, oder wie soll ich mir diese Eile sonst erklären.

Nach dir kam dann auch nichts mehr, warum auch, denn du warst perfekt.

Alles konntest du besser, oder schneller als ich, hattest laufen gelernt, da konnte ich gerade erst krabbeln.

Und so zog sich das durch unser ganzes Leben, du bekamst alles, du schafftest alles, warst schöner, klüger, begabter, erfolgreicher, beliebter, und bei allem – so anständig, immer so gut, so ekelhaft gut.

Jetzt redest du auf mich ein, unter Tränen, und ich betrachte ein Ahornblatt, das Regen und Wind an die Scheibe geklebt haben, damit ich dir nicht zuhören muss, damit du mich nicht weich kriegst, denn ich will dein grosszügiges Geschenk nicht.

Ich will sie nicht, deine Niere.

 


eine Geschichte für das Projekt abc.etüden, erfunden von Herrn Z.  (der auch die Beitragsbilder zur Verfügung stellt, von mir an dieser Stelle vielen Dank), seit geraumer Zeit präsentiert von Christiane von irgendwas ist immer.
Die Aufgabe ist, eine shortest short story, bestehend aus höchstens zehn Sätzen, zu erfinden, in welcher drei vorgegebene Wörter vorkommen müssen.

Macht zahlreich mit, es gibt jede Woche eine frische Wortspende, diese Woche kam sie von Elke