Gestern sahen wir einen Beitrag über die derzeit in Essen stattfindende Spielemesse. Die Messe befasst sich mit klassischen Brettspielen, die, wie ich mir habe sagen lassen, immer noch bzw wieder sehr beliebt sind. Spontan drehte ich mich zu Jo um und verkündete unmissverständlich:

„Solltest du jemals auf die Idee kommen, einen Spieleabend veranstalten zu wollen, sag mir bitte rechtzeitig Bescheid, damit ich an dem Abend was anderes vorhabe“.

Als ich ein Kind war, beschloss meine Mutter, dass ich Skat lernen müsse, da sie und mein Vater einen dritten Mann (sagt man beim Skat, egal, ob Mann Frau, Kind oder Hund) brauchten. Mein Vater freute sich aus niederen Beweggründen sehr darüber, dass ich nun mitspielte, denn er war ein schlechter Verlierer und sah nun Chancen. Er verlor nämlich regelmässig im Schach gegen meine Mutter, was dazu führte, dass er des öfteren aus Versehen gegen die Figuren stiess, wenn er merkte, dass er nicht mehr gewinnen konnte. Nachdem sie sich den Skat-Nachwuchs herangezogen hatten, verlor er zumindest in diesem Spiel nicht mehr – das heisst, doch, wenn er mit mir zusammen spielen musste. Wer Skat nicht kennt: Hier spielt immer einer gegen zwei. Diese zwei gewinnen bzw verlieren zusammen gegen den einen.

Ich begriff damals sehr schnell das Prinzip des Reizens und wie die Punkte gezählt wurden. Bei sowas war ich pfiffig als Kind. Ich verstand auch theoretisch, dass es beim Skat darauf ankommt, sich zu merken, welche Karten noch im Spiel und welche bereits gefallen sind. Genau das aber gelang mir nicht. Keine Ahnung warum, ich hatte an sich ein gutes Gedächtnis. Aber beim Skat versagte es regelmässig.

„oh je, schmeiss ich jetzt die blanke Zehn? Hat Mama noch nen Trumpf, oder ist der letzte Bube schon gefallen?“

Auch als ich älter wurde, mein Skat-Gedächtnis funktionierte nicht.

Ich verlor nicht gerne regelmässig, deswegen spiele ich bis heute ungern Skat, obwohl es mir Spass macht. Klingt unlogisch? Durchaus nicht. Spielen macht mir keinen Spass, wenn ich verliere.

So, jetzt ist es raus.

Mrs Postman ist eine schlechte Verliererin.

Man muss allerdings unterscheiden zwischen Verlieren bei Spielen wie z.B. Mensch-Ärgere-Dich-Nicht, wo es nur auf (Würfel)Glück ankommt, und solchen, bei denen man das Gewinnen oder Verlieren zumindest teilweise selbst in der Hand (bzw im Kopf) hat.

Bei reinen Glücksspielen zu verlieren, machte mir wenig aus. Sie machten aber andererseits natürlich auch nicht so viel Spass. Ein Dilemma.

Mit etwa 11 (da war ich schon die Skat-Sklavin meiner Eltern, und entsprechend gesprägt) war ich in den Sommerferien in einem Zeltlager, wo logischerweise dauernd gespielt wurde. Ein Alptraum, Leute. Überhaupt, dass es jeden Tag volles Programm gab, nach dem man sich zu richten hatte. Ich schützte gelegentlich Bauch- oder Kopfschmerzen vor, um mich zu drücken. Als eines Tages – wetterbedingt, es regnete ohne Pause – ein Spiele-Turnier veranstaltet wurde, kam ich nicht durch mit meinen Ausreden. Ich musste mitmachen. Das Turnier sah vor, dass jeder sich für ein Spiel entscheiden musste, bei dem er dann gegen bis zu fünf Mitsstreiter anzutreten hatte. Es gab Schach für die grösseren Kinder und Jugendlichen und Mensch-Ärgere-Dich-Nicht für die Kleinsten. Ich wollte ins Mensch-Ärgere-Dich-Nicht-Team, aus Gründen. Aber da spielten schon zu viele Kinder mit, also wich ich aus auf Avalanche.

Bei Avalanche ging es darum, Kugeln in einen schräg stehenden Plastik-Parcours einzubringen, und zwar so, dass unten die richtigen wieder heraus fallen. Wer als erster seine Kugeln befreit hat, gewinnt. Oder irgendwie so, genau weiss ich das nicht mehr. In der Avalanche-Gruppe gab es eine Mitspielerin, sie hiess Sarah, die immer gewann. Also immer! Sie war die Avalanche Königin. Ich rechnete nicht damit, gegen sie zu gewinnen, aber das Wunder passierte. Sie verlor zum ersten Mal beim Avalanche. Das hat mir gefallen, gebe ich zu. Ich verlor allerdings gegen einen Jungen, der seinerseits gegen Sarah verlor, so dass wir, Sarah und ich, punktgleich waren. Wir wurden gefragt, ob wir noch ein Entscheidungsspiel wollen. Ich wollte nicht. Warum? Weil ich ja dieses Entscheidungsspiel eventuell verloren hätte. Ich teilte mir lieber den ersten Platz, als ihn ganz abzugeben.

Ich verlor halt nicht gern.

Und heute?

Ist das nicht besser geworden. Ich muss seit zwei Jahren in der Bundesliga-Tipprunde von Jos Familie mitspielen. Ich müsste natürlich nicht, aber man will ja irgendwie auch nicht immer der Spielverderber sein. Jetzt könnte man meinen, dass so eine Tippgeschichte auch nur Glückssache ist, so wie Mensch-Ärgere-Dich-Nicht, und ich daher eigentlich völlig entspannt damit umgehen müsste.

Na ja.

Nee.

Tu ich nicht, dummerweise.

Es ärgert mich, wenn ich mies getippt habe, und mich am Ende des Spieltages auf einem der hinteren Plätze wieder finde. Womöglich gar Letzte werde am Ende der Saison so wie letztes Mal.

Wo ich dann beleidigt verkündete: „Nächstes Mal spiel ich aber nicht mehr mit“

Jetzt spiel ich doch wieder mit, ganz tapfer. Ich hoffe auf eine Art Desensibilisierungseffekt, wenn ihr versteht, was ich meine. 

In diesem Sinne: Lasset die Spiele weiter gehen 

😀

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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