Und wieder hat es ein Roman in die Sammlung „Schrott“ geschafft.

Ähm, wie bitte?

Vor einiger Zeit verspürte ich das dringende Bedürfnis, für Bücher, die mir absolut nicht gefallen, eine Sammlung auf meinem Tolino eReader zu erstellen. Aktuell befinden sich im „Schrott“- Ordner 8 Bücher. Das sind mehr als 10 Prozent der insgesamt ausgelesenen Bücher auf dem Reader. Ich finde, das ist deutlich zu viel.

Gut, unter diesen acht sind auch zwei Jugendromane, die mir der eBook Dealer meines Vertrauens hat zukommen lassen, ich muss ihn mal fragen, was er sich dabei gedacht hat.

Armes, selbstverständlich wunderschönes, Waisenmädchen lernt den besten Freund ihres Vaters kennen, wird von ihm in seine Familie aufgenommen und verdreht seinen Söhnen den Kopf. Er hat glaub ich, 5 davon, allesamt gutaussehend und -gebaut.

Kann sowas wahr sein?

Ich habe einen von den beiden Romanen (aus einer Trilogie übrigens) halb gelesen, anschliessend sind beide in den Schrott-Ordner gewandert. Mal ehrlich, warum lesen junge Mädchen so einen Mist? Oder bin ich mittlerweile zu alt, um mich in sie, die jungen Mädchen also, hinein versetzen zu können? Habe ich sowas in dem Alter auch gelesen?

Zugegeben, ich habe. „Sweet Valley“ hiess die Reihe, es ging um wunderschöne Zwillingsmädchen aus Kalifornien, das eine nicht nur schön, sondern auch gut, das andere ebenso schön, aber böse. Und drumherum ihre Freunde und Freundinnen und ihre Erlebnisse. Das war ebensolcher Schund wie diese oben beschriebene Trilogie. Jedoch, und das könnt ihr mir nun glauben oder eben auch nicht, ich las die mit Vergnügen, aber im vollen Bewusstsein, dass es Mist ist.

Okay, und was berechtigt mich nun dazu, anzunehmen, dass die Mädels, die heute diesen Quatsch lesen, nicht ebenso genau wissen, dass es Quatsch ist? Hab ich mir noch gar nicht überlegt, gut dass wir drüber gesprochen haben.

 

Kommen wir nun aber zum neuesten Mitglied der „Schrott“-Familie:

Arno Strobel „Tiefe Narbe – Im Kopf des Mörders“

So einen schlechten Krimi / Thriller habe ich wirklich schon lange nicht mehr gelesen. Ich weiss nicht, warum ich den Roman beendet habe, aber manchmal hat man ja so masochistische Anwandlungen.

Worum geht es: Ein mit Blut besudelter Mann kommt ins Polizeipräsidium Düsseldorf. Er kann sich an nichts erinnern. Wie sich herausstellt, stammt das Blut weder von ihm noch von der Person, die in der Wohnung wohnt, wo es (also das Blut) sich befunden hat. Es stammt hingegen von einer seit zwei Jahren spurlos verschwundenen Schauspielerin. Soweit so mysteriös und auch – noch – ganz vielversprechend. Wir erfahren, dass es sich bei dem Mann um einen bekannten Journalisten handelt, der gerade irgendeiner Steuersache auf der Spur ist. Wir erfahren ausserdem, dass er mit so ziemlich jeder Redaktionskollegin was hatte – da habe ich schon das erste Mal die Augen verdreht, auch wenn zumindest eine dieser Kolleginnen im Laufe des Romans ermordet wird, und das insofern für die Handlung relevant zu sein scheint – oder eben auch doch nicht so wirklich? Der Journalist hatte ausserdem ein Verhältnis mit der verschollenen Schauspielerin, mit deren Blut kontaminiert er anfangs ins Polizeipräsidium gestolpert kam.

Der junge Polizist, aus dessen Perspektive die Geschichte in der Hauptsache erzählt wird (es gibt auch noch die Sichtweise des Mörders, in diesen Sequenzen erfahren wir, was der sich so denkt und warum er tut, was er tut), hat eine Schwester, deren Freund sich gerade von ihr getrennt hat, weil er mit ihrer Behinderung nicht mehr klar gekommen ist. Sie sitzt seit einem Unfall im Rollstuhl. Man möchte meinen, dass die Einführung der Schwester in die Handlung irgendwohin führen wird, aber nein, tut sie nicht, nicht mal ansatzweise. Es sei denn, man hält es für relevant, dass Schwesterchen ihrem viel zu hart arbeitenden Bruder rät, sich eine Freundin zu suchen, und er ihr, als er das dann tut, sein Herz ausschüttet. Später im Roman gibt es noch eine Szene, deren Sinn ich nun wirklich überhaupt nicht verstanden habe. Hier ruft die Schwester ihren Bruder an, um ihm von bedrohlichen Facebook-Nachrichten zu erzählen. Nun denkt man daraufhin natürlich, dass womöglich die Schwester ins Visier des Täters geraten ist. Ich dachte das zumindest und freute mich, dass die Figur nun wohl doch einen Sinn ergibt. Aber nach dieser Szene passiert – rein gar nichts. Ausser, dass ich ein weiteres grosses Fragezeichen im Kopf hatte.

Der allerärgerlichste Punkt an diesem Machwerk ist jedoch die eingebaute Liebesgeschichte:

Der junge Polizist ist hin und weg von einer Kollegin der verschwundenen Schauspielerin, die sie im Laufe der Ermittlungen vernehmen. Aber da er sich selbst versprochen hat, ohne irgendwelche Umwege und Ablenkungen Karriere zu machen, zieht er eine Beziehung nicht für sich in Betracht. Warum es dennoch dazu kommt, dass sich die beiden näher kennenlernen, ist zum fremdschämen.

Ja, fremdschämen beim Lesen von Fiktion, das geht

Die Schauspielerin erzählt dem jungen Polizisten, sie hätte eine Rolle in einem Krimi angenommen und noch so viele Fragen zur Polizeiarbeit. Ob er ihr nicht helfen wolle. Natürlich will er. Dann kommen Whatsapp Nachrichten, an denen der Leser teil hat, Besuche der jungen Frau beim Polizisten, in denen sie feststellt, dass seine Wohnung keine typische Junggesellenwohnung ist – nicht dass man näher erführe, was damit gemeint ist – und alles, aber auch alles an Oberflächlichkeiten, was man sich nur vorstellen kann.

Peinlich ist auch die Auflösung des Romans, und das, obwohl positiv erwähnt werden kann, dass sie nicht vorhersehbar ist. Ich jedenfalls wusste erst knapp vor Schluss, wer der Mörder ist. Immerhin. Aber das geschieht auch wieder total uninspiriert mit einem oder zwei Sätzen, in denen unser junger Polizistenheld plötzlich ein Aha-Erlebnis hat. Dann wird der Mörder verhaftet und plötzlich (endlich!) ist die Geschichte aus.

Für diesen Roman müsste ich auf meinem Reader eigentlich noch eine Unterkategorie einrichten: „Schrott, absolut unterirdisch“

Dies war mein erstes Buch von Arno Strobel, ein Bestseller Autor, der schon viel veröffentlicht hat. Sind die Bücher alle so???? Ich weiss nicht, ob ich das noch überprüfen sollte….

Bei den Recherchen zu diesem Artikel habe ich festgestellt, dass ich nicht alleine bin mit meiner Einschätzung. Die Krimi-Couch User kommen zu einem ähnlichen Fazit.

Ach, übrigens: „Tiefe Narbe – im Kopf des Mörders“ ist der erste Teil einer Trilogie, wie ich erfahre habe. Autsch.

Aber vielleicht erfährt der geneigte Leser ja in Teil Zwo, was es mit der Schwester auf sich hat.

 

 

 

 

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